Stories ⟩ Biken ⟩ USA ⟩ Europa Biken USA vs. EU 06.03.2018 von Matze Grubby
Biken im Mutterland unseres Sports hat seinen Reiz. Wir sind bekennende Fans vom American Way of Bike Life. Was macht Biken in den USA anders als bei uns in Europa?
Biken in den USA ist total entspannt.
Mitte der 70er Jahre holperten die ersten MTB Pioniere Gary Fisher, Joe Breeze und Tom Ritchey mit selbstgebauten Bikes die Hänge der kalifornischen Berge hinab. Und gerade mal 40 Jahre später ist aus dem hippen Trendsport ein Breitensport geworden.
In den letzten Monaten gab es immer wieder negative Schlagzeilen. Trailsperrungen und generelle Verbote wurden erlassen oder werden diskutiert. Über dieses Thema habe ich kürzlich mit einigen US Buddies diskutiert und auf unseren USA Besuchen selbst einige Erfahrungen gesammelt.
Was ist anders in den USA und in EUROPA? Einfach wäre die Erkenntnis: "Die haben drüben mehr Platz". Aber dieser Vergleich wäre zu einfach. Denn auch in den USA gehört der Grund einem Eigentümer, auch in den USA gibt es Naturschutz und andere Wegenutzer.
Wieso aber ist die Lage (bis auf das Thema E-Bike) in der neuen Welt entspannter als bei uns?
Geschichte, Trailnutzung in den USA
Natürlich gab es auch in der USA alte Trekking Pfade wie den Monarch Crest Trail, aber die meisten der gehypten Trails wurden in den letzten 40 Jahren speziell für uns Biker angelegt. Ganz egal, ob die Trails mitten durch ein Villen Viertel im Nobel Ski Resort Breckenridge führen oder in Moab durch die rote Felswüste.
Auch die US-Trails haben sicherlich einen Genehmigungs Prozess hinter sich. Hinter vielen Trail-Projekten steht die USFS (U.S. Forest Service), welche bereits in den frühen 2000ern ein Handbuch für "Sustainable trail building" veröffentlicht hat. Die IMBA vertritt Mountainbiker landesweit und koordiniert viele Projekte.
Die meisten Trails in den USA sind Mischwege. Biker, Hiker, Reiter, oft sogar Quads und Motocrosser nutzen die Wege gemeinsam. Und noch eine Eigenheit muß man wissen, wenn man in den USA mit den Bike unterwegs ist: Die Trails sind meist in beide Richtungen fahrbar. Der flache (sustainable) Wegverlauf in den meist nicht so steilen Gebirgen der USA machen dies möglich.
Geschichte, Trailnutzung in Europa
Das Trailnetz in Europa ist über Jahrhunderte gewachsen. Fast jeder Trail in unseren Gebirgen hat/hatte eine Funktion - ob als Verbindung zwischen Ortschaften oder Höfen, Vieh Steige, religiöse Wallfahrtswege, Schmugglerpfade. Auch politische Konflikte und Kriege haben uns viele Wege beschert.
Erst als der Wohlstand und der Tourismus aufkam, wurden die Wege vermehrt zum "Freizeit Wandern" genutzt. Betreiber und Verwalter der meisten Wege ist seither der Alpenverein oder eine andere private bzw. öffentliche Institution.
Und somit entstand fast automatisch der quellende Konflikt auf unseren Trails. Während die Wanderer "betreiben und pflegen", "konsumieren" und "zerstören" wir Biker.
Einerseits Pflicht - andererseits Recht.
In den USA sind alle Wege-Nutzer nahezu verpflichtet, deren "Trail Gut" zu pflegen. Und die daraus resultierenden Erfahrungen wirken sich auf die schonendere Nutzung der Trails aus.
Diese Erfahrung wird uns Bikern in Europa meist verwährt. Wir dürfen gar nicht bei der Wegepflege helfen. Vielleicht wollen die Wegebetreiber sich so das Recht sichern, über die Wegenutzung zu bestimmen. Einige gute Projekte gibt es mittlerweile z.B. rund um Freiburg oder Stuttgart. Dort kümmert sich nach US-Vorbild die Bike Community selbst um die entstandenen Trails.
Illegale Trails für Trailspaß und Probleme.
Dabei wäre der Tatendrang und der Einsatz von Bikern auch hier in Europa gewiss. Schade nur, daß uns dieser Wille in die Illegalität führt. Es gibt unzählige illegale Trails, welche mit viel Schweiß und Handarbeit irgendwo in den Wald gebaut und gepflegt werden. Leider müssen solche Projekte von Behörden wieder platt gemacht werden.
Wieso finden die Behörden denn keine Lösungen und nutzen diesen Arbeitswillen für einen guten Zweck. Nämlich die Möglichkeit legale Trails zu bauen!
In den USA wird der Arbeitseinsatz auf den öffentlichen Trails ausgelebt und illegale Trails von der Bike Community kontrolliert und reguliert. Das obige Bild haben wir in Durango gefunden. Eine klare Botschaft der Bike Community an den/die illegalen Trailbauer.
72 Stunden nach dem Regen gibt es keine Leihbikes.
Vor zwei Jahren waren wir in Kalifornien unterwegs. Spontan wollten wir in Los Angeles zwei Bikes mieten, um die lokalen Trails zu erkunden. Da es nachts zuvor geregnet hatte, war es uns in drei Shops nicht möglich, Bikes zu leihen.
"We don't rent bikes within 72 hours after the rain". Im ersten Shop dachten wir an ein Versehen, aber dann verstanden wir die Botschaft. Wir entschlossen uns, die Trails zu wandern. Am Trailhead standen große Schilder, die Ampel für Biker war auf ROT gesetzt. "Don't destroy them, let them dry up and enjoy them". An diesem Samstag waren auf den Trails nur Wanderer unterwegs.
Diese Regeln werden nicht etwa von unwissenden Behörden erlassen, sondern sind Regeln der lokalen Trail Pflege Organisation Corba. Schade, daß es gerade uns im Urlaub betroffen hat, aber gut zu sehen, daß sich alle an diese Regeln halten.
Wir brauchen mehr Vertrauen, Rechte und Einsicht.
Uns Mountainbikern (Verbänden) muß mehr Vertrauen zugestanden werden. Problemlösungen kommen von Bikern und nicht als Verordnung vom Gemeindeamt. Wir brauchen Rechte, damit wir beweisen können, daß uns die bestehenden Wege oder neue Trails wichtig sind.
Und Biker brauchen die Einsicht, daß Trails unser höchstes Gut sind. Das Trailnetz wird nirdgendwo gleich schnell wachsen wie die Nutzerzahlen, schon deshalb ist eine schonende Nutzung notwendig und die Einhaltung von Regeln absolute Pflicht.
Erst wenn all diese Punkte erfüllt sind, werden wir das schlechte Karma abschütteln und das Vertrauen und unsere Rechte weiter wachsen.
Jeder Biker, der shaped, ist ein guter Biker.
Über die Jahre habe ich viele Biker kennengelernt, für die es selbstverständlich ist, im Frühjahr eine kleine Säge im Rucksack zu haben, um die Winterschäden auf den Hometrails zu beseitigen.
Jeder, der sich beim Unterhalten von Trails schon mal Blasen an den Händen geholt hat, ärgert sich über jedes "Shredder Trailvideo". Was der Biker auf seinen Hometrails nicht will, fügt er auch den anderen Trails nicht zu. In diesem Sinne: Setzt euch für eure Local Trails ein, entweder bei Diskussionen oder holt euch Blasen an den Händen bei der Pflege legaler Trails. Der Rest kommt mit der Erkenntnis daraus.
Matze Grubby
All jene, die eine Meinung zu diesem Thema haben, auf diesem Post unserer FB Seite kannst du sachlich mit diskutieren.